Komplementsystem
Das Komplementsystem ist Teil des angeborenen Immunsystems und spielt eine wichtige Rolle bei der Wirtsabwehr, Entzündungen, Geweberegeneration und anderen physiologischen Prozessen. Die Aktivierung des Komplementsystems führt zur Opsonisierung von Krankheitserregern und ihrer Entfernung durch Fresszellen. Sie bewirkt auch eine chemotaktische Anziehung von Phagozyten und Makrophagen. Darüber hinaus bildet das Komplementsystem den terminalen Angriffskomplex (MAC), einen Membrankanal, der die osmotische Lyse des jeweiligen Krankheitserregers bewirkt. Das Komplementsystem ist zwar nicht anpassungsfähig, aber es ergänzt das adaptive Immunsystem und ist auch an der Regulierung der B- und T-Zellreaktion beteiligt.
Aktivierung des Komplementsystems
Die Aktivierung des Komplementsystems verläuft je nach Art des Erregers über drei verschiedene Komplementaktivierungspfade: Der klassische Weg, der Lektin-Weg und der alternative Weg. Alle drei laufen in den gemeinsamen terminalen Weg zusammen, der zur Bildung des MAC führt. Darüber hinaus lösen die Anaphylatoxine C3a und C5a eine Fülle physiologischer Reaktionen aus, die von der Chemoattraktion bis zur Apoptose reichen. Das Komplementsystem besteht aus mehr als 30 Proteinen, die entweder als lösliche Proteine im Blut oder als membranassoziierte Proteine vorhanden sind. Die meisten liegen als inaktive Zymogene vor, die dann nacheinander gespalten und aktiviert werden. Die zentrale Komponente aller drei Wege ist die Komponente C3, das am häufigsten im Blut vorkommende Komplementprotein. Seine Aktivierung führt zur Bildung der Aktivierungsprodukte C3a, C3b und C5a und schließlich des MAC. Zusätzlich zu diesen drei etablierten Pfaden wurde gezeigt, dass Faktoren wie Kallikrein, Plasmin, Thrombin und Faktor XIIa das Komplementsystem unabhängig vom C3-Protein aktivieren.
Rolle des Komplementsystems bei Krankheiten
Angeborene Immunmechanismen einschließlich des Komplementsystems sind die erste Verteidigungslinie eines höheren Organismus gegen Infektionserreger aus der äußeren Umgebung. Eine Beeinträchtigung dieser grundlegenden Mechanismen kann ein breites Spektrum von Krankheiten verursachen. Die Gründe für eine Fehlfunktion des Komplementsystems können unterschiedlich sein. Häufig sind sie das Ergebnis von Mutationen in Genen, die für die Proteine der Komplementkaskade oder für regulatorische Proteine kodieren.
Ein Mangel an C3 und anderen Komplementkomponenten trägt zum Auftreten von wiederkehrenden bakteriellen, viralen und Pilzinfektionen bei. MBL spielt auch eine wichtige schützende Rolle in den frühen Phasen einer Infektion und bei der Kontrolle von Entzündungen. Sein Mangel ist einer der häufigsten Gründe für die menschliche Immunschwäche, die bei mikrobiellen Infektionen sowie bei Autoimmunkrankheiten wie rheumatoider Arthritis beobachtet wird. Andererseits wird die übermäßige Aktivierung von Komplementproteinen häufig als Ursache für viele Krankheiten entdeckt. Dazu gehören z. B. Autoimmunerkrankungen, das Alzheimer-Syndrom, Schizophrenie, das atypische hämolytisch-urämische Syndrom, Angioödeme, Makuladegeneration und Morbus Crohn.
Komplement ist für die Entzündungsreaktion des Immunsystems im Fettgewebe verantwortlich, die bei der Entstehung von Fettleibigkeit eine Rolle spielt und zu Gewebeentzündungen und schließlich zu Insulinresistenz führen kann. Eine fehlende Regulierung des klassischen Komplementwegs durch einen Mangel an C1-Inhibitor führt zu episodischen Angioödemen. Ein C1-Inhibitormangel kann erblich bedingt oder erworben sein, was zu einem erblichen oder erworbenen Angioödem führt. Darüber hinaus kann ein Mangel an dem C1q-Protein des klassischen Komplementwegs zur Entwicklung eines systemischen Lupus erythematodes führen.
Es wurden Immuntherapien entwickelt, um mit dem HIV-Virus infizierte Zellen über die klassische Komplementaktivierung aufzuspüren und zu zerstören, wobei synthetische Peptide verwendet werden, die auf konservierte Regionen in HIV-spezifischen Proteinen abzielen und eine antikörperspezifische Immunantwort durch IgG-Antikörper hervorrufen.
In COVID-19 löst das SARS-CoV-2 Nukleokapsidprotein die Aktivierung des Lektinwegs des Komplementsystems durch Interaktion mit der Mannose-bindenden Lektin (MBL)-assoziierten Serinprotease (MASP)2 aus. Freigesetzte lösliche N-Protein-Dimere interagieren mit MASP-2, was die MASP-2-Aktivierung und die Aktivierung des Komplementsystems weiter beschleunigt. Die positive Rückkopplung durch Zelllyse und Freisetzung von N-Protein führt zu einem Anstieg proinflammatorischer Zytokine, der als Zytokinsturm bezeichnet wird.
Die Neutralisierung des N-Proteins ist ein vielversprechender Weg für eine COVID-19 Therapie, ebenso wie die gezielte Hemmung von MASP-2. Eine unterdrückende Wirkung konnte auch bei der Behandlung mit Anti-C5a-Antikörpern beobachtet werden.
Referenzen:
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Proteine im Complement System
Antikörper im Complement System
ELISA Kits im Complement System
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